Quelle: 2004 Mokros, Dietmar
Der Volksaufstand am 17. Juni 1953 in Lutherstadt Eisleben und im Mansfelder Land
Dietmar Mokros, geboren am 5 Dezember 1943 in Breslau
und aufgewachsen in Siersleben, starb am 6. März 2005.
Er ist beigesetzt in Lippstadt (Westfalen).
Die Quellenlage zum 17. Juni 1953, speziell um und in Siersleben, ist mehr als dürftig. Trotzdem ist es nach der Wende 1989 einem Sierslebener gelungen, die Geschehnisse um Eisleben und im Mansfelder Land zusammenzufassen, zu ordnen und in eine klare, chronologische Abfolge zu bringen.
Er sichtete und verwertete dazu in einer bemerkenswerten Fleißarbeit Akten des ehemaligen Volkspolizeikreisamtes (VPKA) Eisleben, der SED-Kreisleitungen Eisleben und des Mansfeld-Kombinates, dessen Betriebsparteischule (BPS), der Betriebsparteiorganisationen (BPO) der Bleihütte und des Stadtkrankenhauses Eisleben sowie weiterer Institutionen und Betriebe.
Dieser Sierslebener war Dietmar Mokros, Stiefsohn eines Stellmachermeisters. Wie die meisten Kinder der Siersleber Handwerker und Kleingewerbetreibenden
besuchte er eine Hettstedter Schule. Auf der Saigerhütte, der Zentralen Lehrwerkstatt des Mansfeld Kombinates, erlernte er den Beruf eines Facharbeiters für Betriebsmess,-Steuerungs- und Regelungstechnik (BMSR-Mechaniker), studierte und war danach als Ingenieur auf der August-Bebel-Hütte tätig. Später betreute er das Rechenzentrum der (Berg-) Ingenieurschule Eisleben.
Die Treibfeder seiner intensiven Recherchen war sicherlich sein persönliches Schicksal: Nach einer mißglückten “Republikflucht” wurde er zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, die er in Bautzen verbrachte und irgendwann vom Westen freigekauft wurde.
Fortan arbeitetete er in der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), wurde Vorsitzender des Landesverbandes NRW und war bis zu seinem Tod Mitglied im Bundesvorstand
Die Resultate seiner Arbeiten wurden in einer Broschüre (linkes Bild) des Bundes der Stalinistisch Verfolgten (BSV) veröffentlicht. Darin findet sich ‑in extrem knappen Formulierungen- ein detaillierter Ablauf der damaligen Ereignisse.
Er dokumentiert, wie Arbeiter der Bau-Union zum Eislebener Marktplatz zogen, wie der Hederslebener Feuerwehrchef zum Streik aufrief, wie die Volkspolizisten bei der Besetzung des VPKA im Hotel Zum Löwen Reißaus nahmen und sich »feige auf dem Dachboden verkrochen«.
Eine Aktennotiz besagt, daß sich der »Genosse Bürgermeister« aus Siersleben nach dem Westen abgesetzt hatt- nachdem er sich von einer Einwohnerin 1.000 DM geliehen habe.
Und – noch banaler: Ein Genosse der SED-Kreisleitung sitzt im Sierslebener Großen Filmkunstheater und ist »sehr erschüttert« über das »mangelnde Vertrauen« der Siersleber. Diese brachen eine aufgeregte Diskussion über die Ursachen eines Stromausfalls während der Vorstellung ab, nachdem sie mitbekamen, dass er unter ihnen sei.
Mokros fand Dokumente, in denen geschildert wird, wie der »Provokateur und Rädelsführer« Kurt Arndt aus Wimmelburg sich seiner Festnahme entziehen wollte, durch Schusswaffengebrauch verletzt wurde und im Eisleber Bergbau-Krankenhaus verstarb.
Ebenfalls an diesem Tag (19. 09. 1953) wurden in Hettstedt und Gerbstedt 18 Kumpel des Brosowski-Schachts als »Rädelsführer« verhaftet.
Insgesamt waren im Kreis Eisleben Personen inhaftiert; drei von ihnen sind später zum Tode verurteilt und erschossen worden.
Der Arbeit Mokros’ ist es mit zu verdanken, dass 2003 eine Gedenktafel in der Eislebener Sangerhäuser Straße in Höhe der Andreaskirche angebracht wurde, welche an die Geschehnisse des 17. Juni 1953 erinnerte. Leider wurde diese Tafel 2009 zum ersten Mal gestohlen, in anderer Ausführung wieder angebracht, erneut abgerissen usw. …
Meine Erlebnisse am 17. Juni 1953 habe ich in meinen persönlichen Erinnerungen niedergeschrieben.
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